29.12.1915 - Patriotische Grußkarte

Titel

29.12.1915 - Patriotische Grußkarte

Beschreibung

Patriotische Karten gab es im 1. Weltkrieg unzählige - darunter auch einige mit Ottobeurer Motiven. Auch die Farben schwarz-weiß-rot und der Spruch „In der Heimat gibt's ein Wiedersehn!“ unterstützen die „vaterländische Gesinnung“. Doch zunächst zum Kartentext:

Feldpost (Stempel Ottobeuren 29. DEZ Vor. 10-11 1915)

Inftr. (Infanterist)
Herrn Franz Kirschner
Reserv. Lazarett
München Werdenfels-Garmisch
Implerstrasse 35
Zimmer 14

Mein lieber Freund!
Für deine lb. Karte aus München meinen herzl. Dank. Freute mich sehr darüber, besonders aber über die Nachricht, daß dein Fuß wieder besser ist und daß er dir nicht abgenommen werden mußte, hatte schon Angst. Nun wirst du doch vom Kriege befreit sein. Meinen lb. Brüdern geht es doch auch noch soweit gut, einer wurde bei Arras am 30. Okt. leicht verl. u. ist noch in Ulm, der andre nah bei Arras u. d. 3. in d. Vogesen. Zum kommenden neuen Jahr wünsch ich dir lieber Freund alles erdenkliche Gute, Gesundheit und völlige Herstellung deines Fußes. Solltest du am Ende doch noch ins Feld kommen dann eine siegreiche glückliche Heimkehr. Laß auch wieder mal was hören u. sei herzl. von d. Frd. Anna Aquill

(Vorderseite; bei der digitalen Restaurierung weggelassen): Verzeihe mein langes Schweigen, ich habe immer so viel Arbeit.

Der gedruckte Kartentext nimmt Bezug auf ein damals sehr beliebtes Soldatenlied: „Ich hatt‘ einen Kameraden“ (eigentlich: „Der gute Kamerad“) wurde 1809 von Ludwig Uhland (26.04.1787 - 13.11.1862) in Tübingen gedichtet, Friedrich Silcher (27.06.1789 - 26.08.1860) vertonte, ebenfalls in Tübingen, das Gedicht im Jahre 1825. Der Originaltext lautet:

Ich hatt’ einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen,
Gilt’s mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär’s ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew’gen Leben
Mein guter Kamerad!

Der hier wiedergegebene Wortlaut stimmt mit der ursprünglichen Uhland-Fassung überein. Die Variante unserer Karte lautet:

Ich hatt´einen Kameraden
einen bessern findst du nicht.
Die Trommel schlug zum Streite,
er ging an meiner Seite.

Gloria, Gloria,
Gloria, Viktoria.
Ja mit Herz und Hand,
den Säbel in der Hand,
fürs Vaterland.

Die Vöglein im Walde,
die sangen, sangen wunderschön.
In der Heimat, in der Heimat,
da gibt´s ein Wiedersehn!

Auf Wikipedia sind zu diesem Thema interessante Aspekte genannt, z.B.:

Das Lied vom guten Kameraden spielt im Trauerzeremoniell der deutschen Bundeswehr eine große Rolle. Es ist Bestandteil eines Begräbnisses mit militärischen Ehren und jeder militärischen Trauerfeier. Auch im österreichischen Bundesheer und bei der österreichischen Polizei ist die Tradition dieses Liedes bei militärischen bzw. polizeilichen Trauerfeierlichkeiten übernommen worden. Beim Spielen des Liedes ist von Soldaten der militärische Gruß zu erweisen, diese besondere Ehrerweisung steht ansonsten nur Nationalhymnen zu. Es wird in Deutschland oft am Volkstrauertag an Gefallenendenkmälern gespielt, ebenso im Deutschen Bundestag im Rahmen der Feierstunde.
„Der gute Kamerad“ wurde vor allem von der politischen Reaktion instrumentalisiert, und zwar zur Beschönigung und Verklärung des Kriegsopfers und Heldentods.

Hinweis: Auf der Originalkarte wurde das Wort gibt's als giebts geschrieben, per Bildbearbeitung jedoch geändert, da es auch damals fehlerhaft war und beim Ansehen irritiert.

Mindestens genauso spannend, wie die Hintergründe des Liedtextes sind die auf der Bildseite verwendeten Farben. Auch hier finden sich interessante Zusammenhänge auf Wikipedia, hier einige der wichtigsten Passagen:

Die Farben Schwarz-Weiß-Rot waren von 1871 bis 1919 sowie von 1933 bis 1945 die Reichsfarben des Deutschen Reichs. Im Kaiserreich war Schwarz-Weiß-Rot ab 1892 die offizielle Nationalflagge. Offiziell wurde dies am 8. November 1892 in Paragraph 1 der Verordnung über die Führung der Reichsflagge festgelegt. Das an der Einigung Deutschlands nun nicht mehr teilhabende Österreich blieb bei den alten Kaiserfarben Schwarz und Gold. Unter Wilhelm II. wurde Schwarz-Weiß-Rot zum Symbol des zunehmenden internationalen Einflusses in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges führte schließlich zur endgültigen Festigung der Farben Schwarz-Weiß-Rot als patriotisches Symbol, das in unzähligen Liedern besungen und auf zahlreichen Postkarten abgebildet wurde.

Herausgeber war der jüdische Kartenverlag B. Lehrburger aus Nürnberg.
Die Karte wurde in der Augustausgabe 2014 des Ottobeuren Life abgebildet.

 

Urheber

B. Lehrburger, Nürnberg

Quelle

Sammlung Manfred Foit (Memmingen), digitale Sammlung Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1915-12-29

Rechte

gemeinfrei