02.07.2023 – Das Frundsbergfest und die Beziehungen zwischen Ottobeuren und Mindelheim

Titel

02.07.2023 – Das Frundsbergfest und die Beziehungen zwischen Ottobeuren und Mindelheim

Thema

Frundsbergfest, Grenzstreitigkeiten Mindelheim - Ottobeuren

Beschreibung

Von dem benachbarten Mindelheim her stieg eine Gewitterwolke auf, die sich sehr gefahrvoll über das Stift [Ottobeuren] herzog.“ Gemeint ist nicht das friedliche Frundsbergfest, das die Mindelheimer alle drei Jahre feiern (s. die Fotos vom Umzug am 2. Juli 2023), es geht vielmehr um Streitigkeiten vergangener Jahrhunderte zwischen dem Kloster Ottobeuren und dem Nachbarn im Osten, der Herrschaft Mindelheim. Auslöser war „die tödliche Verwundung eines Mindelheimer Untertans“. Der Abt von Andechs, Alexander Sauter, war – am 25.01.1600 – gerade erst zum Abt von Ottobeuren gewählt worden, da musste er sich gegen den Prätendenten von Mindelheim, Christoph von Fugger, vor dem kaiserlichen Reichskammergericht in Speyer zur Wehr setzen. Dieser hatte „als erster gewagt, die Mindelheimische Grenze ganz widerrechtlich bis an die Günzbrücke im Dorfe Sontheim auszudehnen“. Auf dem Spiel stand nicht nur die Integrität des Ottobeurer Staatsgebiets, Abt Alexander musste gleichzeitig die Reichsunmittelbarkeit des Klosters Ottobeuren verteidigen, die der Fugger in Zweifel zog. Der Rechtsstreit zog sich bis 1603, da – laut unserem Geschichtsschreiber, Pater Maurus Feyerabend – Christoph Fugger erst dann „in den wirklichen Besitze der Herrschaft Mindelheim kam“.
Auch im Westen gab es Ärger: 1601 machte die Reichsstadt Memmingen den Ottobeurern das Marktrecht streitig. Beide Konflikte konnte Ottobeuren zu seinen Gunsten beilegen.

1619 zogen 500 kaiserliche Kürassiere von Memmingen nach Mindelheim, „welches Bayern im Jahr 1612 in Besitz nahm, und veranlasste zwischen Kurbayern, und Ottenbeuren folgenden Grenzstreit. Die Kürassiere wurden vom damaliger Kanzler der Abtei Ottobeuren, Siegmund Hornstein und dem Sekretär Georg Linder begleitet. Als sie die Günzbrücke in Sontheim passieren wollten, fand sich dort der kurbayersche Marschall und Oberste von Haslang mit 20 Reitern und widersetzte sich dem weitern Vorrücken der Ottobeurer Begleitung.
Der Konflikt endete ziemlich harmlos: „Nun kam es zu einem Wortwechsel, und von dem Wortwechsel zu einer rechtlichen Demonstration, und zwar in der Mitte des Flußbettes, wo die beiderseitigen Herren Kommißair während ihrer wechselseitigen Rechtsbehauptung ihre Stiefel voll des Wassers, das oben eindrang, bekamen, und nachdem sie einige Zeit mit einander so liquidirt hatten, einander die Hände reichten, und Jeder seinen Weg im beßten Frieden nach Hause zurücknahm.“ Ottenbeuren ließ über den Hergang sicherheitshalber „eine Notariatsurkunde verfertigen“.

Am 10. Juni 1713 kommt es in Mindelheim zu einer Begegnung zwischen Abt Rupert Ness und dem Herzog von Marlborough. Über die Begegnung der beiden Staatenlenker schreibt Feyerabend: „Abt Rupert säumte sich nicht, (...) dem hohen Herrn Nachbarn seine Visite zu machen, bewillkommte den Herrn Herzog mit einer lateinischen Anrede, welche jener französisch erwiederte; worauf man sich zu den englischen Fräulein begab, dort einer dramatischen Vorstellung beiwohnte, und sich nach eingenommener Mahlzeit nachbarlichst beurlaubte.“
Zehn Jahre regierte der Herzog Mindelheim. Hintergrund war die gewonnene Schlacht von Höchstädt 1704. Noch heute tragen die Nachfahren den Titel „Reichsfürst von Mindelheim“.

Eine weitere Gewitterwolke zog Anfang 1778 auf. Der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph war am 30. Dezember 1777 in München kinderlos verstorben. Mit Maximilian III. Joseph starb die bayerische Linie der Wittelsbacher im Mannesstamm aus. Nach seinem Tod brach der Bayerische Erbfolgekrieg aus, die Kaiserin Maria Theresia stellte verschiedene Ansprüche, österreichische Truppen besetzten am 16. Januar 1778 auch die Grafschaft Mindelheim. Im Zuge der Besitznahme kam es – „wahrscheinlich auf eine irrige Belehrung“ – durch den k. k. Offizier von Kleinbrod zu einer Verschiebung der Grenzlinie beider Herrschaften. Statt „hinter dem Lauberhofe an einem östlichen Hügel gegen Kirchstetten unweit der Straße“ rückte „der neue Besitznehmer bis an die Günzbrücke zu Sontheim vor, schnitt dadurch beinahe eine halbe deutsche Meile von dem altottenbeurischen Gebiete ab, hieß an der bemeldten Brücke eine Grenzsäule errichten, foderte alle Sontheimer Einwohner, welche über dem Grenzflusse wohnten, zur Huldigung nach Mindelheim, und drohte im Weigerungsfalle, welcher auch auf Geheiß des rechtmäßigen Gebietsherrn wirklich eintrat, mit bewaffneter Hand dieselben dahin abführen zu lassen.“
Wieder kam es „bei dem höchsten kaiserlichen Reichskammergerichte zu Wetzlar zu einem förmlichen Rechtsstreite, welches durch eine schnelle Beendigung die Rechtssache für Ottobeuren, und dessen alten, mit ruhigem Besitzstand entschied.“

Die Feyerabend-Texte zu den Vorgängen mit Mindelheim können Sie im Original lesen oder hier als vollständige Abschrift abrufen.
Die Fotos vom Umzug auf dem Mindelheimer Frundsbergfest wurden am 2. Juli 2023 gemacht. Der Festumzug wurde vom Mindelheimer Kulturamtsleiter Christian Schedler professionell moderiert. Herr Schedler ist Leiter der Mindelheimer Museen und darüber hinaus auch Kreisheimatpfleger. Die Fotos sind – vom Startbild abgesehen – in chronologischer Folge abgelegt. 2800 Mitwirkende und 120 Pferde wurden aufgeboten. Die Zuggruppen (siehe auch Bildunterschriften) sind hier aufgeführt.

Die historische Landkarte des Herrschaftsbereichs Mindelheim (um 1720) von Johann Baptist Homann ist hier aufbereitet.

Zusammenstellung und Fotos: Helmut Scharpf, 07/2023

Urheber

Pater Maurs Feyerabend (Texte), Helmut Scharpf (Fotos)

Quelle

Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

2023-07-02

Rechte

gemeinfrei