29.07.1986 – Einweihung des Brunnens am Klinikum Ottobeuren

Titel

29.07.1986 – Einweihung des Brunnens am Klinikum Ottobeuren

Beschreibung

Bescheiden steht ein Brunnen in der Ecke zwischen dem Haupteingang und einer Terrasse des Cafés des Klinikums Ottobeuren“, schrieb Richard Dlouhy aus Buxheim – selbst gerade Patient der Klinik – an das Touristikamt. Ein Brunnenaufbau, aus dessen sieben Rohren stetig Wasser in ein quadratisches Betonbecken fließt. Er bemängelte, dass am Brunnen keine Information über den Entwerfer und Gestalter, das Material oder das Datum der Erbauung angebracht sei, auf zwei kleinen Plaketten steht lediglich der Hinweis „Kein Trinkwasser“. So hat sich Herr Dlouhy selbst an die Recherche zum Brunnen gemacht; sein Ergebnis:

Unter dem Kreuz ganz oben liest man ein Wort von Vinzenz von Paul: „Instrument Jesu Christi sein!“ Wer war Vinzenz von Paul? Geboren wurde er am 24. April 1581 in der Gascogne. 1737 wurde er durch Papst Clemens XII. heiliggesprochen. Er gilt als Begründer der neuzeitlichen Caritas. Gewürdigt wird sein Einsatz für Kranke, Bettler, Findelkinder, verwahrloste Jugendliche, Geisteskranke, Sträflinge, Flüchtlinge und Vertriebene. 1885 ernannte ihn Papst Leo XIII. zum Schutzpatron des Ordens der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul, den Vinzentinerinnen.

Ab 1895 waren diese Schwestern über 100 Jahre die Pflegerinnen im Bezirkskrankenhaus (im Altlandkreis Memmingen), später Kreiskrankenhaus Ottobeuren. Die letzte Schwester, Pia Lebschi, wurde erst 2013 in ihr Mutterhaus nach Augsburg verabschiedet. Der Brunnen erinnert weiterhin an die segensreiche Tätigkeit des Ordens der Vinzentinerinnen im Klinikum Ottobeuren.

Die Geschichte des Brunnens
In den 1980er Jahren beschloss der Kreistag des Unterallgäus die Sanierung und Erweiterung des bereits 1895 errichteten Krankenhauses in drei Bauabschnitten. Im ersten Bauabschnitt wurde auch die Außenanlage neugestaltet und im Rahmen von „Kunst am Bau“ mit einem Brunnen verschönt. Für seine Gestaltung wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich sechs Bewerber beteiligten.
Sieger war Kunstschmiedemeister Heribert Nusser aus Loppenhausen. Er erhielt den Auftrag und stellte bis zum Mai 1986 das Kunstwerk an Ort und Stelle fertig. Der Brunnen und alle Figuren sind aus dem Material Tombak gestaltet, einer Legierung von 80 - 85 Prozent Kupfer und 15 - 20 Prozent Zink.

Beschreibung des Brunnens
„Um eine ungleichmäßige Mittelsäule gruppieren sich sieben ungleiche, in Höhe und Ausladung versetzte Körper. In diese fällt aus dem Inneren der oberen Mittelsäule Wasser, an den Stirnseiten kommt das Wasser zum Überlaufen und fließt über die Metallfläche. Anschließend fällt es als Schleier in das Brunnenbecken.“ Die Wasserzufuhr erfolgt über eine Umwälzpumpe, Wasserverbrauch 15 cbm/Std.
Die figürlichen Darstellungen im Oberteil des Brunnens nehmen Bezug auf das Leben und Wirken des hl. Vinzenz von Paul: Als Samariter hilft er einem Verletzten in die Höhe, ein Symbol für sein Engagement für Kranken- und Armenpflege. Die andere Skulptur zeigt ihn mit zwei Findelkindern, von deren er eines auf dem Arm trägt – als Symbol für die Gründung von Kinderheimen besonders auch für schwer erziehbare Jugendliche.
Das dritte Bild zeigt ihn als Mitgefangenen, da er nach der Lebensbeschreibung 1605 von türkischen Piraten gefangen genommen, in Tunis als Sklave verkauft und erst 1607 befreit wurde.
Über allem steht das Kreuz als Symbol für Vinzenz's Leben in Gott und das Zitat: „Instrument Jesu Christi sein!“; die Worte sind in eine Brunnenfläche als Schriftzug eingearbeitet. Der ehemalige Abt Paulus Maria Weigele (Abt von 2002 - 2010; Foto 11.05.2014) den Text als Abtsleitwort gewählt hat.

Heribert Nusser hat den Brunnen und alle Figuren aus dem Material Tombak gestaltet, einer Legierung von 80 - 85 % Kupfer und 15 - 20 % Zink . Die Fertigstellung erfolgte bis Mai 1986, rechtzeitig zur Einweihung des 1. Bauabschnittes am 30.07.1986.

Bei der feierlichen Eröffnung des 1. Bauabschnittes konnte Landrat Dr. Hermann Haisch zahlreiche Ehrengäste begrüßen, darunter auch den Staatsminister für Soziales, Franz Neubauer. Die kirchliche ökumenische Weihe des Neubaues und auch des Brunnens nahmen Pater Hermann Orf OSB und Pfarrer Harald Schmied von der evangelischen Kirche vor.

Seither erfreut der Brunnen mit seinem sprudelnden Wasser alle Besucher und Patienten als Symbol des Lebens und der Gesundheit. Es wäre schön, wenn auch sein Schöpfer für alle lesbar auf einer Plakette vermerkt würde, so der aufmerksame Patient. Der Text könnte lauten:
Tombakbrunnen 1986 von Heribert Nusser (*1940), Kunstschmiedemeister Loppenhausen.

Herr Dlouhy wurde bei seinen Recherchen unterstützt von:
Herrn Pater Winfried Schwab OSB, Kulturamtsleiter Peter Kraus, Markus Nusser Kunstschmiede und Metallgestaltung Loppenhausen, Stadtarchiv Memmingen.
Quellen: Unterlagen zur Ausschreibung der Kunstschmiede Nusser, Breitenbrunn-Loppenhausen, Memminger Zeitung vom 29.07.1986 (S. 24) und 31.07.1986 (S. 24), „Ottobeuren Life“, 11/2025 (S. 23, „Der Brunnen am Klinikum Ottobeuren“)

Urheber

Heribert Nusser (Brunnen), Richard Dlouhy (Texte), Dlouhy - Scharpf (Fotos)

Quelle

Richard Dlouhy und Touristikamt Ottobeuren

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1986-07-29

Rechte

gemeinfrei