09.11.1891 - Sebastian Kneipp stiftet für die Kapelle in Stephansried eine zweite Glocke, einen neuen Altar und einen Kreuzweg

Titel

09.11.1891 - Sebastian Kneipp stiftet für die Kapelle in Stephansried eine zweite Glocke, einen neuen Altar und einen Kreuzweg

Beschreibung

Im November 1891 wurde in Stephansried nicht nur der Abschluss der Renovierung der Stephanus-Kapelle gefeiert, sondern auch die Einweihung der von Sebastian Kneipp gestifteten Glocke, des neuen Altars und eines Kreuzweges. Der „Kneipp-Glocke“ sollten nur 25 Jahre beschieden bleiben, denn am 5.7.1917 musste sie kriegsbedingt abgenommen werden. Dazu mehr in einem eigenen Artikel. Au einem Foto der Abnahme lässt sich erkennen, dass die Kneipp-Glocke aus der Glockengießerei von Fritz Hamm in Augsburg stammte.

Hier nun der Bericht aus dem Ottobeurer Wochenblatt Nr. 46, vom 12.11.1891, S. 3, der den Festtag sehr anschaulich beschreibt. Die beiden hier ebenfalls mit eingepflegten Gedichte in schwäbischer Mundart wurden am 24. April 2018 vom Ottobeurer Mundartdichter Hermann Schmid eingesprochen und sind als Audio-Datei abrufbar!

Ottobeuren, 9. Novbr.  Schön stieg die Sonne auf und warm, als wäre es nicht Spätherbst, sondern Frühling, sie brachte einen schönen Tag, ein Fest für Stephansried. Der weltberühmte „Wohlthäter der Menscheit“, Herr Pfarrer Kneipp, hat sich ein Denkmal gesetzt, so edel, weil religiös, wie es nicht schöner geschehen konnte. Die Ortskirche, wo er soviel gebetet, ministriert, die Litanei beim Rosenkranz vorgelesen und Gott besonders um die Gnade angefleht hatte, an dem Altare als Priester zu opfern, hat der hochwürdige Herr durchaus restaurieren lassen nach dem Plane des bewährten Kenners, Herrn Direktors Dr. Andreas Schmid in München. Das schlichte Dörflein war geziert mit Triumphbögen, die Häuser prangten in Fahnenschmuck, grünen Gewinden und Kränzen. Ein herrlicher Himmel blaute nieder und warme Luft wehte, als Herr Pfarrer Kneipp mit werthen Festgästen aus Wörishofen, voran Ihre Hoheiten Herzog Paul von Mecklenburg und Gemahlin Marie, geborene Prinzessin von Windischgrätz, welche das Kloster Ottobeuren mit ihrem hohen Besuche beehrt hatten, und der Geistlichkeit Ottobeurens in seiner Heimath im Hause seiner Verwandten eintraf, begrüßt von der Schuljugend mit einem schönen Gedichte in schwäbischer Mundart.

½9 Uhr bewegte sich der Festzug unter Vorantritt der Blechmusik und Böllerschützen zur Kirche, vom Turme riefen zwei Glocken zur Feier, denn Herr Pfarrer Kneipp hatte zur einen kleinen Glocke die zweite größere geschenkt. Zahlreiche Festtheilnehmer hatten sich eingefunden. Es war ganz rührend, als Herr Pfarrer zum erstenmale an den von ihm geschenkten Altar trat und das Hochamt celebrierte, es war unwillkürlich eine Erinnerung an sein erstes heiliges Meßopfer; ergreifend waren seine Worte von der Liebe zur Heimath und zu den Verwandten. Nach dem Amte, das verherrlicht ward durch schönen Gesang von gut geschulten Musikkräften, folgte eine stille hl. Messe, hierauf eine zweite ernste, auf den Kreuzweg sich beziehende Ansprache des Herrn Pfarrer Kneipp, der die Benediktion des neuen, schönen Kreuzweges vornahm. Recht eindringliche Worte waren es, da er aufforderte, Rosenkranz und Meßopfer fleißig zu besuchen und den Kreuzweg andächtig zu betrachten. Feierliches Te Deum schloß die schöne kirchliche Feier, welcher die Hoheiten von Mecklenburg bis zum Ende beigewohnt hatten, es war ½12 Uhr. In seinem Namen und der Filiale Stephansried danke Hochw. Herr Pfarrer Pater Gottfried [Godefrid] O.S.B. von Ottobeuren dem Herrn Pfarrer Kneipp für das schöne Geschenk, das dieser seiner Heimath in der so glücklich restaurierten Kirche gegeben und das kräftige, dankbare Hoch widerhallte 3mal vom nahen Walde. Ein guter Tische [Tisch] vereinigte alle in Freude um den edlen Gutthäter und es war recht erfreulich zu sehen, wie Jugendfreunde, Verwandte, solche, bei welchen der Herr Pfarrer Kneipp einst im Dienste gestanden, Einwohner von Stephansried, Kurgäste und Verehrer sich herbeidrängten, um ihm zu danken und ihre Freude auszudrücken. Der große Wohlthäter findet von Seiten seiner Patienten eine Verehrung  und Aufmerksamkeit, die diesen zu alle Ehre gereicht und die er in seiner Demut und Bescheidenheit gar nicht sucht. Mit einem Gedichte im schwäbischen Dialekte von Herrn Pater Wilhelm O.S.B. schloß der festliche Theil des Tages. Mit größtem Interesse besuchte man die Stätte, wo die Wiege des Herrn Pfarrers Kneipp gestanden und lautschte den theils heitern, theils herzlichen Erzählungen aus seiner Jugendzeit. Mond und Abendstern leuchteten vom Himmel, als die Wagen den Herrn Pfarrer mit seinen liebgewonnenen Gästen entführten, den Engel des Herrn läutete die geschenkte Glocke. Ein schöner Festtag war es gewesen, den ein Priester seiner Heimath bereitet, Gott zur Ehre, den Seelen zum Heile, Allen zur Freude. Ad multos annos!

Zum Empfange in Stephansried.
Ju he, der Herr Vötter isch komma,
Beim Eppla, bei uns kehrt'r ein,
A greaßera Eahr wußt i nomma,
Ihr Kind'r dös sag i ui fein.
Wo euß'r Haus schtaut, dau isch g'schtanda,
Die zwoit Hoimet, vom Kneipp, vom Herr Pfar,
Dean kennt man iaz en alle Lande,
O sottige Herra send rar.
Dear hoilt nit bloaß d' Seala, au d' Leibr,
Zu deam kommet Leut allerhand,
Viel Kind'r und Männer und Weib'r,
Au Leut aus 'm fürnehmste Stand.
Dean Vötter, dean wölla mr eahra,
Deam g'föllts bei eus, wetta thua i,
Wenn d'Muettr wißt, was'r möcht geara,
O geara thäts bacha nau sie.
Doch oins dös derf's si nit brenga,
Mit deam konnt's sein it grad weh, (stolz)
Dau konnts'n in Zoara glei brenga,
Wenn's kochet an Bohnekaffee.
No allerhand Sacha thuats geaba,
O, Vöttr bei eus z' Steffesriad, –
Jaz oins no – iaz lamr ui leaba,
Jaz senga m'r ui no a Liad.


A Kneippkur.
O Eav, o Eav, was hausch doch thaun,
Bisch gar so glieschtig gwea, –
Häsch doch dean Apfel hänga laun,
Wie schnell isch 's Unglück gscheah.
Grad dean hauscht iaz hau müaßa,
Dös muaß die ganz Welt büaßa.
O Unkraut wachst iaz allerhand,
Geit Doara, Dischtla gnua,
Es müaßet eata d' Weib und d' Mand,
Au d' Kindr hand koin Ruah;
Will man koin Noat nit g'speira [verspüren],
Nau derf ma gwiß it feira.
Earscht Krankata, wo d' luegescht na –
D' Welt isch a Krankehaus;
Fraug no en Wörishofa,
Nau kennscht di g'wiß bald aus –
Dau theans da Pfarr umrenga,
Da Kneipp theans schiar umbrenga.
Von Ottobeure, Steffesriad
Dau kommet selta oi,
Dia machet ean it b'sonders müad,
Dau ischt'r doch dehoi ! –
Dia wearet schoe no komma,
So lang daurt dös doch nomma.
Dau isch a Kranks schon ewig lang,
Koi Doktor se nit fend,
D'r Pfarr haut g'macht schoe manchen Gang.
Dia Kranket nemmt koin End.
Was will'r iaz tendiara,
Er muaß beim Kneipp probiara.
Dear heart 'n ganz geduldig an;
„O, sait'r, dau fehlts tiaf,
Doch moin i, daß i helfa kann.
Er schtaut grad schon recht schiaf,
s Recept will i ui saga,
Bald nemmt a End dös Klaga.
Koi Oberguß kann helfa dau,
Nemmscht s Tags 4 Giaßr voll,
Koi' Unterguß, was nemmt ma' nau? –
Da span'scha Mantel wol?
A mei' dös isch zum Lacha. –
Wia groaß müeßt ma' dean macha?
Mit Wass'r isch dau it viel g'richt,
Dau wur dia Krank it gsund,
I kenn mi aus en deara G'schicht,
I woiß scho' was m'r thund:
Mein Kaschta hat viel Daunta, (Behältnisse)
I wear di recht v'rrauta.
Ja besser ganga isch au bald
Mit deara Kneipp'scha Kur;
D'r Kneipp hants richteg gfunda halt,
Die Krank isch komma dur.
Dear isch ihr G'sundheit geaba.
Dia sieaht iaz aus wias Leaba.
Wear weard iaz wohl dia Kranka sein? –
O dös verrauthescht schoan,
In d' Steffesriad'r Kirch gang nein! –
Dau hauts an andre Thoan.
Pfarr Kneipp, soll's oin it rüahra?
Haut's lassa reschtauriara.
Nui d'r Altaur, d'r Kreuzweg nui,
Dia Feanscht'r gmault so fein;
A nuia Glock au schenkt'r ui,
Ihr derfet dankbar sein.
Ma kan iaz zäma leita,
Was hand doch ihr für Freuda!
Dear guldig Herr, o dear isch weart,
Dear ui so viel haut thau' –
Daß ihr ean hand schoe b'sonders geahrt.
Doch ear will's liab'r hau'
Wenn theand'rn bei d'r Messa,
Beim Kreuzgang nia vergessa.
Ihr Steffesriad'r beatet reacht,
Für'n liaba Pfarrer Kneipp,
Deam gaut nau g'wiß a maul it schleacht;
Wenn d' Seal fährt aus'm Leib. –
Noi kerzagrad soll's fahra,
Nauf zu d'r Himmelsschaara.
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Das Eingangsbild zeigt die Glocke am Tag ihrer Abnahme im Juli 1917 (Quelle: Willi Schalk). Dass die Glocke 1891 gestiftet wurde, findet sich auch auf S. 18 bei:
Zettler, Lothar: Kneipp. Wandel – Wort – Wasser, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg, 31.07.2006, 156 S., 9,90 €, 20,5 x 2,2 x 20,8 cm, ISBN 978-3898703215

Das Foto in der Stephanus-Kapelle zeigt (von links):
einen (noch) unbekannten Geistlichen; Dr. Andreas Schmid (Direktor des Georgianums in München); Sebastian Kneipp; der Salzburger Weihbischof Johannes Katschthaler

Bearbeitung und Abschriften: Helmut Scharpf, 02/2018.

Urheber

Ottobeurer Wochenblatt, vom Fotografen ist nur der Vorname Franz bekannt.

Quelle

Willi Schalk (Foto), Heidi und Hans Kraft (Wochenblatt)

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1891-11-09

Rechte

gemeinfrei