1760 - Franz Anton Zeiller (1716 - 1794) malt in der Abteikirche das Gründerfresko

Titel

1760 - Franz Anton Zeiller (1716 - 1794) malt in der Abteikirche das Gründerfresko

Beschreibung

Die Stiftung der Abtei Ottobeuren im Jahre 764 wird im sogenannten Gründerbild (auch: Gründerfresko oder Ottobeurer Stiftungsbild) thematisiert; es befindet sich in der Basilika über der Marienorgel (Balkon auf der Nordseite der Kirche). Das Fresko wurde 1760 von Franz Anton Zeiller gemalt. Auf einer Seite des Klosters wird es näher beschrieben. Es wurden für diesen Eintrag noch etliche weitere Einträge ausgewertet, um eine relativ umfassende Beschreibung zu ermöglichen.

Ganz oben sieht man das Ottobeurer Spanische Kreuz (bzw. Patriarchenkreuz als sichtbares Zeichen für die Exemption, es verweist hier aber vermutlich auf den heiligen Benedikt selbst, der als „Patriarch des abendländischen Mönchstums“ gilt) mit einem gefassten Kreuzpartikel. Darunter sitzt der heilige Benedikt auf einer Wolke, links von ihm - auf gleicher Höhe - die Stiftspatrone Petrus und Paulus, rechts - etwas erhöht vom Ordensgründer - die Kirchenpatrone Alexander von Rom (mit Schwert) sowie der frühchristliche Märtyrer Theodor Tiro von Euchaita (mit Feuergabel). Unter der Wolke, auf der die beiden Kirchenpatrone sitzen, tragen zwei Putti den Alexandermantel, der zum Kirchenschatz gehört. Etwas im Hintergrund der Stiftspatrone (also links) sieht man die Märtyrerin Binosa (mit einem Pfeil im Kopf; Augustin Bayrhammer schrieb 1767: „... dero Haupt annoch [= noch] ein Pfeil von den Hunnen zu schauen, und das flüssige Hirn, und unversehrte Zunge noch zu sehen ist ...“, S. 121), die Märtyrer Januarius (gemeint ist nicht der Sohn der hl. Felicitas, Januarius), Maurus (unklar, welcher!) und Bonifatius (mit Buch und Schwert), im Hintergrund der Kirchenpatrone (also rechte Bildhälfte) drei weitere Märtyrer: Benedikt (vgl. die Gesichtszüge mit dem auf der mittleren Wolke sitzenden Ordensgründer!), Viktoria von Rom und Pontianus. Alle Märtyrer tragen als Zeichen einen Palmzweig, die sog. Märtyrerpalme.

Wir kommen nun „vom Himmel auf die Erde“: Auf das 1000-jährige Bestehen des Stifts Ottobeuren nimmt links unten die Fahne mit dem offiziellen Gründungsdatum 764, kombiniert mit der Jahreszahl 1764, die über dem Hauptportal der Klosterkirche steht, Bezug. Bis 1764 hätte die barocke Kirche fertiggestellt werden sollen, tatsächlich war die Einweihung aber erst zwei Jahre später, 1766, möglich.
Von links nach rechts (nicht berücksichtigt der Jüngling links neben dem Schild und auch nicht der Schild- und Helebardenträger selbst, der mit dem Rücken zum Betrachter steht): die heiligmäßigen – also mit Heiligen vergleichbaren – Äbte und späteren Augsburger Bischöfe Neodegar (Abt von 864 - 869) und Witgar (Abt von 869 - 902), dann Tagebert (der Sohn der beiden Stifter), die Stifter selbst, Erminswint – in sitzender Pose – und Silach – mit herrschaftlichem Gewand und Blick zu uns – sowie deren weitere Söhne, der „Regionalbischof“ Gauzibert (mit Bischofsstab) und Toto (Kämmerer des Bischofs von Vienne, von 764 - 814 erster Abt von Ottobeuren und Stiftsselige des Klosters). Gleich neben dem im Mönchsgewand gekleideten Toto sieht man im Hintergrund die Kapelle des Heiligen Michael („Buschelkapelle“). Gaugraf Silach hält rechts von sich ein Dokument mit der Aufschrift „Fund“, was für „Fundatores“ = Gründer / Stifter, steht
Auf der rechten Seite (wiederum von links nach rechts): die Ottobeurer Äbte Konrad I. (er steht etwas klein unter dem westlichen Kirchenturm; Abt von 1194 - 1227) und Rupert I. von St. Georgen (Abt von 1102 - 1145), Papst Eugenius III. (der 1152 die Stiftung unter päpstlichen Schutz nahm), Kaiser Karl der Große (der die Klosterstiftung bestätigte – er zeigt deshalb auf den Schriftzug „Confirmatio“), seine Ehefrau Hildegard (sie weist auf die Vermehrung des Klosterbesitzes durch Schenkungen hin: „Dotatio“), Kaiser Otto I. (der auf Bitten der hl. Bischöfe Ulrich von Augsburg und Konrad von Konstanz das Kloster von allen Reichslasten befreite und die freie Abtswahl wieder gestattete; „Exemptio“ – Befreiung), und die hl. Bischöfe Ulrich von Augsburg (er steht in der Basilika zusätzlich als große Figur links vom Hochaltar) und Konrad von Konstanz (er steht rechts vom Hochaltar) selbst.
Vor ihnen – am unteren rechten Bildrand – steht in Rüstung und mit Szepter, schwäbischem Wappen und Herzogshut ein stattlicher Mann, den Eduard Zimmermann in seinem Wappenbuch von 1930 nochmals als den Gaugrafen Silach beschreibt:
„Neben diesen beiden kommt vereinzelt (1612 bis 1633) noch das für den Stifter des Klosters, Herzog Syrlach, den Grafen des Illergaues konstruierte Wappen hinzu, der dem alten schwäbischen Herzoghause entstammend, natürlich die 3 übereinanderschreitenden hohenstaufischen Löwen zugewiesen erhält. Diese entweder rot oder schwarz in Gold stellen also das Stifterwappen vor.“
Gesichtszüge, Schnurrbart und Frisur stimmen mit dem auf der linken Seite abgebildten Silach überein.

Den Abschluss bildet am unteren Rand – zusammen mit dem Ottobeurer Konventwappen (Rosette) und dem Stiftswappen (halber Reichsadler) – ein Abt, dessen Gesichtszüge auf Rupert II. Ness (1670 - 1740) schließen lassen, jenen Abt, der persönlich den Grundstein nicht nur zur barocken Klosteranlage, sondern auch zur Kirche gelegt hat (im Erdreich, genau unter diesem Fresko).
Ihm, der seitdem wie ein zweiter Gründer verehrt wird*, überbringen zwei große Engel den Segenswunsch des Himmels:
CRESCAS IN MILLE MILLIA! (Gen. C. 24. V. 60.)
Du mögest wachsen in die Ewigkeit! (Genesis Kapitel 24, Vers 60)
[„Und sie segneten Rebekka und sprachen zu ihr: Du, unsere Schwester, werde zu tausendmal Zehntausenden, und deine Nachkommen mögen das Tor ihrer Hasser in Besitz nehmen!“ Oder modernisiert: „Du bist unsere Schwester; wachse in viel tausendmal tausend, und dein Same besitze die Tore seiner Feinde.“] Der Spruch steht übertragen für „das ewige Ottobeuren“, das unendlich lange bestehen und wachsen möge.
* Pater Maurus Feyerabend schrieb am Ende seines dritten Geschichtsbandes (S. 736) „Ottobeuren verlor an Rupert II. einen zweiten Stifter und grossen Vertheidiger seiner Rechte ...“

Zu Franz Anton Zeiller heißt es bei Wikipedia:
Seinen ersten Auftrag bekam Franz Anton Zeiller 1751/52 im ehem. Benediktinerstift St. Mang in Füssen. Der kunstsinnige Abt Gallus Zeiller (reg. 1750–1755), ein entfernter Verwandter, übertrug ihm die Bemalung der Decke in der Magnuskapelle (Ölgemälde, umgeben von vier Freskenmedaillons). 1753 folgten die farbenfrohen Fresken und das Hochaltarbild in der Pfarrkirche St. Martin von Sachsenried, die dem Füssener Kloster unterstand.
Als Höhepunkt eines gemeinsamen Kunstschaffens dürfen die umfangreichen Decken- und Kuppelfresken in der Stiftskirche von Ottobeuren gewertet werden, die sich Johann Jakob Zeiller und Franz Anton Zeiller aufteilten. Den geringeren Anteil führte Franz Anton aus, und zwar in den Jahren 1757 bis 1760. Es folgten weitere Aufträge für Fresken in Kloster Irsee (1761 Ausmalung des Refektoriums, nicht erhalten), Rieden (1762) und Schlingen (1763). Altarblätter malte er für Sachsenried (1753), Haslach (1758), Bachtel (1758), Mittelberg (1759), Maria Rain (1761), Schlingen (1763) und St. Stephan in Füssen (1764).

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Die Abbildung des Freskos wurde aus sechs Einzelfotos zusammengesetzt, die von der Empore der Marienorgel aus gemacht wurden. Manche davon sind gestochen scharf, manche haben leichte Unschärfen. Nichtsdestotrotz erkennt man weit mehr Details als würde man das Fresko in der Basilika stehend von unten betrachten.
Im Falle einer kommerziellen Nutzung ist vorab die Genehmigung der Abtei Ottobeuren einzuholen!
Fotos, Bearbeitung und Recherche: Helmut Scharpf, 08/2018

Urheber

Franz Anton Zeiller

Quelle

Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1760-08-17

Rechte

Bei kommerzieller Nutzung Genehmigung durch Abtei erforderlich