06.07.2025 – Primiz von Peter Schneider

Titel

06.07.2025 – Primiz von Peter Schneider

Beschreibung

Dass eine Primiz heutzutage etwas Besonderes ist, zeigt die Tatsache, dass – mit Felix Siefritz aus Hawangen – die letzte Primiz in der Basilika Ottobeuren bereits zehn Jahre zurückliegt. Pater Winfried Schwab, amtierender Ortspfarrer der Klosterkirche, zitierte aus dem Evangelium und zeigt sich entsprechend hocherfreut: „Im Weinberg gibt es viel Arbeit zu tun. Der Weinberg ist groß und der Arbeiter sind wenige.“ Die Bitte, dass der Herr des Weinbergs uns „Arbeiter schenken möge“, sei „erhört worden“.

Altabt Johannes Schaber hielt die Primizpredigt für Peter Schneider. Beide kennen sich schon seit langer Zeit, haben gemeinsam philosophische Tagungen besucht, gute Gespräche geführt. In der Primizpredigt analysierte Schaber den Primizspruch, zog Tierdarstellungen („Klosterbewohner“) bei der Abtskapelle zur Erläuterung geistiger Grundhaltungen heran und betrachtete am Beispiel des Heiligen Petrus ein weiteres Mal die Herausforderungen des priesterlichen Dienstes („Es gibt den Petrus, dem die Schlüssel anvertraut wurden, es gibt aber auch den Petrus, der den Herrn dreimal verleugnet hat. Und irgendwo dazwischen stehen wir alle. Jeder kennt einen Priester, weiß, vor welchen Schwierigkeiten wir oft stehen.“), auch den gesellschaftlichen Wandel. Dabei zitierte er Erkenntnisse aus den seit 2006 erstellten „Sinus-Kirchenstudien“ und gab zu bedenken, „dass wir von zehn Personengruppen in unserer Gesellschaft mit maximal drei Personengruppen zu tun haben. Mit den anderen sieben haben wir als Katholiken, als katholische Geistliche schon gar nichts zu tun. Da kann man doch nicht sagen: ‚Wir sind für alle Menschen da!‘. Es sind sowieso die wenigsten, mit denen wir noch zu tun haben.“

Die Primizpredigt und auch die weiteren Ansprachen sind so gehaltvoll, dass es sich lohnt, sie im virtuellen Museum im Wortlaut anzubieten, um sie zu bewahren, nachlesen und nachvollziehen zu können. (Die ein oder andere Stelle wird in den nächsten Wochen noch mit Links versehen; wenn etwas nicht verstanden wurde, ist dies über eckige Klammern markiert.)

Der Ablauf am 6. Juli 2025 wird nachfolgend in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben, beginnend mit der Prozession auf dem Marktplatz Ottobeuren.
Die Bevölkerung, Mitglieder des Konvents der Abtei Ottobeuren, die Blasmusikgesellschaft, politische Vertreter (Landrat Alex Eder und 3. Bürgermeister Marc Michels) sowie Fahnenabordnungen hatten sich in Höhe des Brunnens aufgestellt, um in einer Prozession den Primizianten auf dem Weg zur Basilika zu begleiten.

Primiziant Peter Schneider (auf dem Marktplatz):
„Es freut mich, Sie alle hier in Ottobeuren begrüßen zu dürfen zu meiner Primiz, meiner ersten feierlichen heiligen Messe an dem Ort, an dem ich aufgewachsen und in den Glauben hineingewachsen bin. Es ist mir eine große Freude, dass wir die Blasmusikgesellschaft begrüßen dürfen, die diesen Zug feierlich für uns gestaltet – vielen, vielen herzlichen Dank dafür.
Eine Prozession erinnert uns daran, dass wir in unserem Leben von Anfang an immer unterwegs sind und dass wir einem Ziel entgegengehen, nämlich der himmlischen Heimat, die uns Jesus Christus schenken mag. So ist dieser Traditionszug für uns auch ein Symbol dafür, dass wir in unserem Leben immer unterwegs sind, im Auf und Ab unserer Existenz. Aber wir dürfen uns immer sicher sein, dass Gott an unserer Seite mit uns geht und dass wir Gott entgegensehen dürfen, so wie wir jetzt dem Haus Gottes entgegengehen. Und so möchte ich diese Prozession mit einem kleinen Gebet mit Ihnen beginnen: Guter Gott, es ist uns verborgen, wie du unseren Lebensweg für uns erdacht hast. Du allein kennst ihn, doch wir dürfen uns sicher sein, dass du auf allen Wegen unseres Lebens mit uns gehst. So bitten wir dich: Geh mit uns auf unserem Weg.
(Es folgt ein Wechselgebet mit den Teilnehmern der Prozession):
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir blind sind und nicht mehr wissen, wie wir weitergehen sollen. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir überlegen, welchen Weg du für uns erdacht hast. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir uns in Sackgassen und Irrwege verrannt haben und Mut zur Umkehr brauchen. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir vor Hindernissen stehen und uns der Mut zum nächsten Schritt fehlt. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn unser Weg schön und leicht ist und wir versucht sind, dich zu vergessen. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir uns von aller Welt verlassen fühlen. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
• Geh mit uns auf unserem Lebensweg, wenn wir kraftlos sind und nur noch langsam vorankommen. (Antwort: Geh mit uns auf unserem Weg.)
Schenke uns, Herr, auf unserem Lebensweg das Vertrauen in dich, der alle Wege unseres Lebens mit uns geht. Amen.
Ich glaube, Herr, dass du uns rufst zum Glück, zum neuen Leben, zum Himmel, der auf Erden beginnt, zu einem Lebensstand und zu einer Aufgabe in der Welt, zu unseren Brüdern und Schwestern in der Kirche und in der Welt, zu einer Gemeinschaft mit dir und deinen Menschen, die bis in den Himmel reichen. Ich glaube, Herr, dass du uns rufst. Lass uns dich hören in deinem Wort und gib uns zu verstehen, wer wir sind. Locke uns, dass wir dich suchen und finden. Wecke unsere Sehnsucht, dass wir dich empfangen, wo zwei oder drei in deinem Namen versammelt sind. Und sende uns Menschen, die uns die Wahrheit sagen von dir, damit wir von dir die Wahrheit hören über uns. Amen.

Noch ein kleiner Hinweis: Wenn wir jetzt gleich in die Basilika einziehen, dann nehmen Sie bitte am Eingang ein Liedheft für den Gottesdienst mit. Außer die geladenen Gäste an den reservierten Plätzen; da liegen die Hefte schon bereit.“
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Begrüßung durch Pater Winfried Schwab
„Liebe Mitbrüder, liebe Schwestern und Brüder, im Evangelium da heißt es: Im Weinberg gibt es viel Arbeit zu tun. Der Weinberg ist groß und der Arbeiter sind wenige. Und da lädt Christus ein und sagt: ‚Bittet den Herrn des Weinbergs, dass er euch Arbeiter schenken möge.‘ Diese Bitte, die ist erhört worden. Und so freuen wir uns sehr, dass wir heute einen allerersten festlichen Gottesdienst mit einem neugeweihten Priester feiern dürfen, der aus unserer Gemeinde stammt.
Zwei wurden [bei der Priesterweihe im Dom zu Augsburg in der Vorwoche] geweiht, einer aus unserer Gemeinde. Mit anderen Worten: 50 % der Neupriester stammen aus Ottobeuren. Da dürfen wir uns doch als Pfarreiengemeinschaft und als Dekanat wohl von Herzen drüber freuen. Lieber Peter, es freut mich und ist uns allen eine große Ehre, dass du diesen Gottesdienst heute mit uns feiern möchtest.

Ich möchte an dieser Stelle noch drei Personen besonders begrüßen: Zunächst deine liebe Mutter und deine Schwester. Wie oft sehe ich die beiden morgens im Gottesdienst. Sie beten für dich, sie beten für die ganze Gemeinde, und es ist auch eine Frucht ihres Gebetes, dass wir heute diesen Gottesdienst gemeinsam feiern dürfen. Ihnen, liebe Frau Schneider – liebe Marlies – und liebe Familie gilt ein ganz besonders herzlicher Gruß.
Den Zweiten, den ich noch begrüßen möchte: Gestern war es auf den Tag 10 Jahre, dass wir in unserer Pfarreiengemeinschaft die letzte Primiz feiern durften: Felix Siefritz aus Hawangen. Und heute ist er bei diesem Gottesdienst unter uns und verstärkt diejenigen, die hier aus unserer Pfarreiengemeinschaft – aus unserem Dekanat – stammen. Peter, noch einmal herzlich willkommen in deiner Gemeinde, und ich möchte dich jetzt bitten, mit uns gemeinsam diesen Gottesdienst zu feiern“.
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Peter Schneider
„Sehr gerne. Beginnen wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. [Gesungen:] Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch. [Die Gemeinde antwortet:] Und mit deinem Geiste.

Auch mir, liebe Schwestern und Brüder, ist es eine große Freude, hier in diesem wunderschönen Gotteshaus, das das Herzstück meiner geistlichen Heimat ist, meine erste heilige Messe zu feiern, meine Primizmesse mit Ihnen feiern zu dürfen. Als wir gerade vom Marktplatz hier durch das Hauptportal eingezogen sind, steht über dem Portal wunderbar geschrieben: ‚Haus Gottes und Himmelspforten‘. Wir haben also gerade himmlische Sphären betreten.
Es liegt natürlich zum einen an diesem herrlichen Raum, aber vor allem, weil wir jetzt die heilige Messe, den Raum der heilige Messe betreten haben. Die heilige Handlung, die uns Christus nahe bringt, die er mit uns feiert, denn er hat uns alle hierher gerufen, um mit ihm gemeinsam – als seine Gemeinde – ihn zu empfangen. Möge er unsere Herzen und unsere Seele berühren und in uns Wohnung nehmen: in seinem Wort, das wir hören dürfen, und im Brot und Wein, als Zeichen seiner Gegenwart, in der er uns [sich] selbst schenkt.
Und es ist mir eine große Freude, als Priester nun seine Worte sprechen zu dürfen und an diesem Heilsgeheimnis teilhaben zu dürfen – seine Liebe, ja ihn selbst Ihnen weiterschenken zu dürfen, damit Sie ihn empfangen in Ihrem Leben. Lasst uns diesen Gottesdienst entsprechend feiern in Würde und mit Freude, als ein Fest des Glaubens und des Dankes – nicht nur für meine Berufung, sondern für uns alle Berufenen, denn wir alle sind berufen als Christen in die Nachfolge Jesu Christi, jeder ganz individuell. Dem zu entsprechen, ihm zu folgen, ihn in unser Leben zu lassen und in uns Gestalt werden zu lassen. Bis wir ihn einst sehen werden von Angesicht zu Angesicht.

Segnung der Primizkerze:
Jetzt am Beginn dieses Gottesdienstes möchte ich diese Primizkerze segnen, die mich ein ganzes Leben lang an die Priesterweihe und an den heutigen Primitztag erinnern soll. Dass das Licht Jesu Christi, das in meiner Taufe hier in der Basilika aufgeleuchtet ist, das Licht, das ich geschenkt bekommen habe auch am letzten Sonntag noch einmal neu in der Priesterweihe, damit dieses Licht in meinem Leben leuchtet, damit ich es weiterschenken kann – an Sie alle. Wir sprechen dazu ein kleines Gebet. Die Antwort dazu lautet: ‚Danket dem Herrn, denn er ist gut‘.

Preiset den Herrn, denn er ist gut. (Antwort der Gemeinde) Danket dem Herrn, denn er ist gut.
Sein Wort ist Licht auf unseren Wegen. (Antwort) Danket dem Herrn, denn er ist gut.
Lasset uns beten.
(Gebet): Herr Jesus Christus, du bist das Licht der Welt, das Licht für alle Menschen. Segne diese Kerze, die mir als Primizkerze zu deinem Lobpreis entzündet wird. Wie ihr Licht das Dunkel erhellt, so mache du unser Leben hell, mein Leben hell mit deiner Wahrheit. Schenke uns in den Bedrängnissen unseres Lebens Zuversicht und Freude und hilf uns mit deinem Licht auch, das Leben anderer Menschen hell zu machen. Der du lebst und herrschest in alle Ewigkeit. Amen.

Taufgedächtnis und Besprengung mit Weihwasser:
Ein solcher Tag ist ein schöner Anlass, an unsere eigene Taufe, an unsere ureigene Berufung, an unseren Ruf Gottes zu erinnern, auf den wir in der Taufe geantwortet haben. Um damit an die Gnade zu erinnern, dass wir alle Kinder Gottes sind – Schwestern und Brüder des Herrn. Liebe Brüder und Schwestern: Wir bitten den Herrn, dass er dieses Wasser segne, mit dem wir nun besprengt werden. Das geweihte Wasser soll uns an unsere Taufe erinnern. Gott aber erneuere in uns seine Gnade, damit wir dem Geist treu bleiben, den wir alle empfangen haben.
Allmächtiger, ewiger Gott, du hast das Wasser geschaffen, das Quell, aus der das Leben kommt. Das Element, das alles Unreine abwäscht. Durch das Wasser machst du unsere Seelen rein und schenkst uns das ewige Leben. Segne dieses Wasser, damit der Lebensstrom der Gnade heute an deinem Tag aufs Neue in uns fließe. Dieses Wasser, das über uns ausgesprengt wird, umgebe uns wie ein Schutzwall. Es bewahre uns vor allem Bösen, damit wir mit reinem Herzen zu dir kommen können und dein Heil empfangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.
[Gemeindegesang mit Orgel]
Der allmächtige Gott reinige uns von unseren Sünden und mache uns durch das heilige Opfer, das wir nun feiern, würdig, am Tisch seines Reiches teilzunehmen. (Gemeinde) Amen“.
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Primizpredigt durch Altabt Johannes Schaber (35 Min.)
„[...] und Weggefährten von Peter, liebe Schwestern und Glauben, lieber Peter, ich war gestern in Blaubeuren und berühmten Blautopf und habe großen Patroziniums-Gottesdienst gehalten. Als wir beim Mittagessen saßen am Pfarrer-Tisch, habe ich stolz und freudig erzählt: ‚Morgen halte ich eine Primizpredigt‘. Das kommt ja ganz selten vor, und da sagt der Pfarrer mir gegenüber – er ist seit 52 Jahren Priester: ‚Oh, also er könnt‘s nicht. Die Welt, die verändert sich so schnell, und er ist es schon so lange Priester, also er wüsste gar nicht, was er einem Primizianten sagen soll‘. Der andere hat frisch erzählt, die letzten Tage wurde aus seiner Pfarrei einer zum Diakon geweiht und hat im nächsten Jahr seine Primiz, aber hoffentlich fragt er ihn nicht, den Primizprediger zu machen, weil er weiß halt auch nicht recht bei so vielen Leuten, was er da sagen sollte und so weiter. Na ja, ich habe mir gedacht: ‚Ich weiß zwar auch nicht, was die Zukunft bringt und was du in deinem Priesterleben die nächsten Jahrzehnte alles erleben wirst, aber zwei Dinge habe ich: Freude und Dankbarkeit‘.
Freude, dass letzte Woche deine Priesterweihe war und wir heute Primiz feiern; es freut mich einfach. Und auf der anderen Seite kommt an so einem Tag danach die Dankbarkeit hervor, weil – wenn ich das so verraten darf – der Peter war nicht nur Ministrant hier in der Basilika, sondern – als Schüler in der Oberstufe am Gymnasium, da haben wir uns auch schon getroffen zu Gesprächen, und es sollten viele, viele folgen. Wir haben Reisen unternommen, wir waren in Mainz, wir waren in Berlin, wir waren in Westkirch [?], immer philosophische Tagungen, gute Gespräche. Und ich habe so viel [profitiert] ... Als Landpfarrer verhungert man mit der Zeit, wenn man nicht regelmäßig in den Themen drin bleibt, und da war mir der Peter – genau neben den anderen, mit denen ich mich wieder getroffen habe – der, wo ich reich beschenkt nach solchen Gesprächen dann [war]. Meistens war es ja dann morgens Früh, bis wir auseinandergegangen sind, aber reich beschenkt, und daran denke ich heute, und dafür bin ich dankbar. Drum: Viel mehr wissen als meine Mitbrüder in Blaubeuren tue ich auch nicht, aber ich spreche heute zu Peter, ich spreche zu Ihnen, zu euch, eben aus Freude und aus Dankbarkeit.

Was habe ich vor? Das erste ist, deinen Primizspruch ein bisschen – jetzt theologisch – so ein bisschen [zu] umkreisen. Weil, das liest man unten auf dem Plakat, da kann jeder schön mitlesen, man liest den Primizspruch auf dem Primizbildchen. Aber ansonsten hat er keine Bedeutung. Wenn man aber bedenkt, wie lange einer drüber nachdenkt, was er als Primizspruch wählt, und wenn man dann weiß, was es für ein programmatisch wichtiger Inhalt ist, den man dann [in] sein ganzes Leben mitnimmt, aus dem man lebt. Drum möchte ich im ersten Punkt eben auf diesen Primizspruch näher eingehen.
Dann möchte ich – weil auch viele Kinder da sind – ein paar „Klosterbewohner“ vorstellen; Klosterbewohner, die mitten im Kloster oben bei der Abtkapelle sind – kleine Tierchen, die man oft nicht beachtet, aber von den Tierchen können wir über geistige Grundhaltungen sehr viel lernen. Das würde ich im zweiten Punkt ein bisschen ausführen. Und im dritten: Du heißt Peter, du bist an Peter und Paul am Hochfest zum Priester geweiht worden, und von daher möchte ich in meinem dritten letzten Punkt vom Heiligen Petrus her noch mal auf den priesterlichen Dienst schauen.
Keine Sorge: Sie mussten jetzt bis zu Beginn der Lesung ungefähr 20 Minuten stehen, von der Liturgie her; bei mir dürfen Sie jetzt 20 Minuten sitzen und zuhören.

Teil 1:
Also, wie besprochen, der erste Punkt: Ich möchte mit Ihnen den Primizspruch etwas näher beleuchten. Sie haben auf den Einladungen überall [...] unseren romanischen Christus verwendet [...]. Der Primizspruch lautet aus dem Johannesevangelium: ‚Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat‘. Es geht um die Liebe, es geht um den Glauben, es geht um die Hoffnung; Liebe, Glaube und Hoffnung. Und es sind drei zentrale Tugenden des christlichen Lebens. Im Korintherbrief sagt Apostel Paulus: ‚Am größten von den dreien aber ist die Liebe‘ – die Liebe Gottes.
Was in meinen Augen etwas ganz Zentrales ist: Wenn es im Johannesbrief heißt: ‚Gott ist Liebe‘, dann hat das Auswirkungen darauf, wie wir Gott verstehen, was Gott uns bedeutet. Wenn wir sagen: ‚Ich glaube an Gott‘, dann glaubt man immer so an ein Gegenüber. In manchen Jahrhunderten hat man Gott auf einen Thron gesetzt, wie einen Kaiser. Wenn man überhaupt vorgelassen wurde, mit all dem Hofzeremoniell und allem, da ist so eine Distanz, eine innere Distanz zu diesem Herrscher. Und wie anders, wenn wir sagen: Gott ist Liebe. Die Definition sagt ja schon, dass Gott Liebe ist, dass Gott in sich Bewegung ist, Lebendigkeit, Geschehen, Beziehung, Gemeinschaft. So eine Gottesbegriff ist etwas völlig anderes – wer das einmal durchdacht hat. Gottvater liebt – aber was liebt er denn? Liebe hat immer ein Ziel, irgendetwas, auf das sie sich richtet, einen anderen Menschen oder – aus Gottes Perspektive – die Welt. Oder eine Sache, ein Ding, irgendetwas. Also was ist in Gott geliebt? Ja, der Sohn ist der Geliebte. Und was ist verbunden? Was verbindet Gottvater und Gott Sohn – die Liebe, der Heilige Geist, der lebendig macht, der Bewegung hat, die Dynamis, das Kraftvolle. Wir merken: Da ist nicht eine Majestät, der wir uns huldvoll nähern, zu der wir ansonsten aber keinen Bezug haben. Im christlichen Glauben – wenn die Dreifaltigkeit die Liebe ist, muss Gott Vater aus sich heraustreten, deswegen der Sohn, deswegen der Heilige Geist.
Das ist der Grundgedanke, wenn wir versuchen, uns mit den Möglichkeiten unseres Verstandes dem göttlichen Geheimnis anzunähern. Gott ist die Liebe, Gott ist der Ursprung, und von daher leitet sich auch ab, dass Gott diese Welt erschaffen hat – aus Liebe. Die Liebe ist der Anfang von allem, die Liebe Gottes ist ein Geschenk, das er uns Menschen macht, ohne dass wir es verdienen.

Damit bin ich schon beim zweiten: die Sendung Jesu. Wenn Gott diese Welt liebt und uns Menschen liebt, dann zeigt er diese Liebe, indem der Sohn Mensch wird, unser Menschsein annimmt, der hier geboren wird aus der Jungfrau Maria. [...] wird noch gesteigert durch den Tod Jesu am Kreuz; aus Liebe erlöst uns Jesus am Kreuz – wie vorne eindrücklich dargestellt. Der Tod und die Auferstehung Jesu machen uns die Liebe Gottes zu uns Menschen deutlich, sie sind der Höhepunkt.
Wenn wir das begriffen haben: Wie reagieren wir darauf? Wir antworten darauf durch den Glauben. Glauben bedeutet, Jesus Christus als Herrn und Erlöser anzunehmen. Durch die Taufe sind wir Teil der Kirche. Und trotzdem – obwohl wir zu etwas Allgemeinen gehören – hat jeder seinen eigenen, ganz individuellen Lebens- und Glaubensweg. Und das wird verdichtet in der gemeinsamen Feier der Eucharistie, in der heiligen Messe, im Geheimnis unseres Glaubens. Er schenkt sich uns [durch] Christus. Man könnte sagen: Ja gut, er hat vor 2000 Jahren gelebt, hat Wichtiges gemacht, war von Bedeutung und vieles mehr, aber ansonsten „bewahren wir ihm ein ehrendes Gedenken“. Nein: Durch die Eucharistie ist er mitten unter uns, lebt Christus weiter, ist auferstanden, denn die Kirche lebt im Sakrament und schenkt sich im Sakrament. Das macht unseren Glauben so wertvoll und tröstlich. Dass wir wissen: Christus hat uns nicht verlassen, ist in den Himmel aufgefahren und dann war er weg. Nein: Er hat uns die Sakramente hinterlassen, damit wir wissen: Ja, er ist immer und alle Zeit bei uns.

Und damit bin ich schon beim nächsten: eben das ewige Leben. Das ewige Leben ist jetzt nicht einfach die Verlängerung von unserem Leben, sondern das ewige Leben hat eine ganz neue Qualität. Wenn ewiges Leben heißt, in Gott einzugehen, und Gott die Liebe ist, dann heißt es, dass wir vollendet werden in der unendlichen Liebe Gottes. Das ewige Leben, das Erreichen unserer Glückseligkeit, dass wir bei Gott sind. Und nicht, dass das Leben hier für immer so weiter gehen würde. Das ewige Leben ist die Vollendung in Gott mit seinen Heiligen. Als Abt Rupert Ness, der das Kloster gebaut hat, gestorben ist, hat einer der Prediger, Alexander Maug [Maugg / Mauk] von den Memminger Kreuzherrn, folgenden Gedanken geäußert: ‚Was bleibt eigentlich übrig, wenn ein Mensch stirbt?‘. Abt Rupert Ness wollte von seinen Untertanen, dass sie den Glauben leben, von der Hoffnung Leben, dass sie von der Liebe entzündet sind. Er hat versucht, dass die Menschen um ihn herum von diesen theologischen Tugenden geprägt sind, danach leben, den christlichen Glauben leben. Was bleibt letztlich vom Glauben? Bleibt der Glaube, wenn einer gestorben ist? Nicht viel. Der Glaube geht im Tod – in der Auferstehung – in die Schau Gottes über. Da gibt es keinen Glauben mehr, weil wir Gott von Angesicht zu Angesicht schauen. Mit der Hoffnung genauso. Wir brauchen keine Hoffnung mehr, weil wir das letzte Ziel, weil wir Gott – die Glückseligkeit – erreicht haben. Da braucht es keine Hoffnung mehr auf den Himmel. Das einzige, was nicht vergeht, sagt Alexander Maug, ist die Liebe, denn Gott ist die Liebe. Das Ziel des menschlichen Lebens ist es, einzugehen in die Liebe.
Dabei möchte ich es belassen und wiederhole den Primizspruch aus dem Johannes-Evangelium: ‚Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat‘.“

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Teil 2:

„Das war mein erster Punkt. Jetzt möchte ich auf die „Klosterbewohner“ zu sprechen kommen, an denen ich auch jahrelang achtlos vorbeigelaufen bin. Man muss schon genau hinschauen oben an der Abtskapelle – im Treppenhaus –, das sind einige Tierchen und die wurden natürlich nicht einfach so dahin gekleckst aus Gips, als Stuck, sondern die haben eine Aussage und davon können wir, glaube ich, sehr viel lernen, denn der Peter ist jetzt Geistlicher. Aber: Was ist eigentlich „geistlich“? Die kleinen Tierchen geben uns da einige Hilfestellungen.
Vorher möchte ich aber mit einigen Klischees und Missverständnissen aufräumen. Man würde sagen, der Geistliche ist ein Frommer, das Geistliche ist bei uns Katholischen etwas körperfeindlich, das Geistliche ist das Gebildete, die reden zu abgehoben – diese Theologen, die versteht man ja gar nicht. Das Geistliche ist das Unpolitische – denken Sie an die Bundestagspräsidentin, Julia Klöckner, die politische Reden in der Kirche verbieten möchte. Das Geistliche ist das Moralische, das Brave, ist Kirchen-angepasst, unorganisiert. Ich denke, da liegen einige Missverständnisse vor, und das möchte ich mit den Tieren etwas andeuten. Das kann man sich leichter merken als die hohe Theologie aus meinem ersten Punkt.
Das Eichhörnchen: Wir sehen dort ein Eichhörnchen, das auf einer Posaune bläst. Ein Eichhörnchen springt nur auf einen Ast, von dem es aus Erfahrung weiß, dass er es trägt, auf welchen Ast es vertrauen kann. Dies soll dem Mönch sagen: Es gibt nur ein einziges Holz, das dich im Leben trägt, das dich aufrecht stehen lässt – das Holz des Kreuzes Christi. (Hier erwähnt Schaber Peters Schneiders 130-seitige Seminararbeit von 2003/04 über Meister Eckhart „Buch der göttlichen Tröstung“, das war schon eine Diplomarbeit.) Zum Bild von Holz und Feuer: Holz verbrennt. Wir sehen die Waldbrände in den Nachrichten. Wenn das Holz für unser menschliches Leben steht und man sagt, dieses Leben vergeht, dann ist dies ein Verlust, ein Leiden; das Feuer verzehrt dieses Holz. Wenn aber Gott dieses verzehrende Feuer ist, die Lebendigkeit, das wertvollste unter den Elementen, dann ist das Holz kein verzehren, sondern ein sich hingeben. Dann wird das Holz materiell umgewandelt in Energie – in Feuer; bildlich gesprochen: Das Holz unseres Lebens wird nicht aufgezehrt und ist dann weg, sondern es wird umgewandelt in die Energie der Liebe Gottes, wir werden Gott immer ähnlicher, sind mit Gott vereint. Ein wunderbarer Gedanke.
Der Löwe und der Truthahn: Wir sehen einen Löwen, der mit der Tatze faucht, das erinnert uns an die Warnung im 1. Petrusbrief: ‚Seid nüchtern und wachsam, euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann‘. Daneben steht der Truthahn, der – nach einer barocken Bildersammlung von Vicinello [?] beschrieben – ständig zum Zorn gereizt sei. Was macht jetzt der Truthahn neben dem Löwen? Das erinnert uns eben an den Epheser-Brief, in dem es heißt: ‚Die Sonne soll über euren Zorn nicht untergehen, gebt dem Teufel keinen Raum.‘ Was lernen wir daraus? Die Lehre daraus ist, dass wir uns nicht leicht aufregen sollen, dem Ärger nicht hingeben sollen, nachzugehen und in der Pastorale ein gesundes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz zuzulassen, um an den Sorgen der Menschen, mit denen ich täglich konfrontiert werde, nicht zu zerbrechen, nachts noch schlafen kann.
Die Taube: In der Heiligen Schrift heißt es, die Taube flieht bei Gefahr in den Tempel. Das ist hier im Kloster natürlich ein Bild für den Mönch. Wenn der Teufel kommt, dann flieht seine Seele. Und wohin geht sie? Es wird empfohlen, zur Andacht in die Kapelle zu gehen, sich im Refektorium die heilige Lesung anzuhören, im Schlafsaal auf ärmlichen Stroh zu schlafen oder bei den Beratungen der Brüder Geduld zu haben. Bevor einen die Anforderungen der Zeit erdrücken – hier verkörpert durch den Teufel – soll man einen gesunden Ausgleich finden.
Die Schnecke: Sie steht für die Klugheit, weil sie nichts übereilt entscheidet, was sie vielleicht später wieder bereut, sondern es wird alles behutsam überlegt, entschieden, damit es zu einem guten Ende führt. Matthias Sellmann, einer der großen Pastoraltheologen unserer Tage, schrieb vor zwei Jahren das Buch „Geistliche Klugheit als Lebenskompetenz“. Die Klugheit ist etwas ganz entscheidendes, da geht es um Lebenskompetenz. Über den Glauben lernen wir sehr viel über uns, unsere Welt und andere Menschen lernen. Und daraus lernen, was Glaube heißt. Man kann dies im Philipperbrief ablesen; eine Art Umschreibung für den Politspruch, Peter, dass Christus nicht Gott liebt, sondern Mensch wurde, dass er seine Menschwerdung angenommen hat []. Das heißt, dieses Herablassen heißt, dass wir immer mehr lernen im Leben, durch Erfahrung, Studium, über andere Dinge nachdenken, dass wir immer mehr zu uns herauskommen, die Kompetenz erlernen, immer weniger vor der Realität wegzurennen. Uns die Welt nicht nur so zurechtschaffen, wie wir sie denn gerne hätten. Das gilt für das Leben überhaupt, das gilt für das kirchliche Leben im ganz Besonderen. Dass wir daraus die Kraft entwickeln und uns die Kraft bestätigt wird, Lebenskompetenz durch die Glaubenserfahrung, immer mehr mit der Realität zu lernen. Das heißt für unseren Klerus im Klartext – und da gibt es ganz unterschiedliche Lösungsmodelle, wie wir uns zur Welt, zur heutigen Zeit, zur Lebensrealität stellen. Die einen sagen: „Früher war alles eh besser“, die anderen sagen „Wir müssen uns abschotten, das Gute, die Tradition bewahren“, andere wiederum würden am liebsten alles über den Haufen werfen. Lebenskompetenz und Klugheit – wie wir sie von der Schnecke lernen – heißt für mich, die Gabe von der Unterscheidung zu gewinnen, sich nicht abzuwenden, im Gegenteil, sondern gestärkt durch den Glauben sich mit den Fragen der heutigen Zeit, auch der Zeitgenossen, auseinanderzusetzen, ins Gespräch zu treten, sich überhaupt einmal dafür zu interessieren und den Dialog zu pflegen. Wir wissen von der Sinus-Studie, daran hat der Sellmann et al [gemeint sein dürfte die „Sinus-Kirchenstudie“ von / ab 2006 sein, initiiert von Prof. Dr. Matthias Sellmann, darunter die Publikation Sellmanns von 2023: „Geistliche Klugheit als Lebenskompetenz – Fundierungen einer Kurzformel des christlichen Glaubens“; am ehesten trifft die Aussage der Google-KI zu: „Die Sinus-Kirchenstudie ist eine Reihe von Forschungsprojekten des SINUS-Instituts, die kirchliche und religiöse Einstellungen in Deutschland untersuchen, indem sie die Sinus-Milieus – Gruppen mit ähnlichen Werten und Lebenswelten – anwenden, um zu verstehen, wie verschiedene Gesellschaftsgruppen zu Kirche und Glauben stehen, was für die kirchliche Kommunikation und Seelsorge relevant ist. Diese Studien zeigen, wo traditionelle Frömmigkeit existiert und wo neue, postmoderne Formen der Spiritualität vorherrschen, um Kirchen eine milieusensible Ansprache zu ermöglichen.“] 20 Jahre gearbeitet, dass wir von zehn Personengruppen in unserer Gesellschaft mit maximal drei Personengruppen zu tun haben. Mit den anderen sieben haben wir als Katholiken, als katholische Geistliche schon gar nichts zu tun. Da kann man doch nicht sagen: „Wir sind für alle Menschen da!“. Es sind sowieso die wenigsten, mit denen wir noch zu tun haben.
Die Schnecke – ich schaue auf die Uhr – jetzt wird es doch ein bisschen länger; es gibt noch einen dritten Punkt. Aber die Schlange will ich Ihnen nicht vorenthalten. Warum?
Die Schlange: Sie häutet sich und steht – nach dem Apostel Paulus – dafür, ein neuer Mensch zu werden, nicht im Alten zu verharren, nicht in der Sünde zu verharren, sondern sich zu erneuern, Christus zu erneuern. Das heißt: sich einlassen auf die neue Realität, einlassen auf das, was jetzt gefordert ist. Sich nicht wegducken. Deswegen habe ich vorhin die Kompetenz, sich der Realität zu stellen, immer wieder ein neuer Mensch zu werden, von Christus her unser Leben zu verstehen. Warum ist das so wichtig?
Der Kranich: Er steht auf einem Bein; das andere ist bereits erhoben zum Flug. Das symbolisiert den Menschen, der zwar auf der Erde lebt, dessen Sehnsucht aber dem Himmel und dem ewigen Leben gilt. [Name nicht verständlich] schreibt vom Kranich als dem Wesen, das uns zeigt: Ja, wir Menschen leben auf der Erde, aber unsere Hoffnung geht gegen den Himmel, gegen das ewige Leben.“ Und deswegen: Wir sind hier auf Erden, uns prägt das alltägliche Leben, aber man darf den Blick nicht verlieren, was oben ist, was von Gott her kommt. Diesen zweiten Punkt will ich abschließen [Der Theologe, Jesuit und Professor für Fundamentaltheologie und Dogmatik in Paris] Christoph Theobald; auch einer, der ein wichtiges Buch geschrieben hat: „Christentum als Stil“, 2018 [Untertitel: Für ein zeitgemäßes Glaubensverständnis in Europa, eine Veröffentlichungen der Papst-Benedikt XVI.-Gastprofessur] Er denkt darüber nach: Wir sehen ja, wie sehr sich Kirche und Gesellschaft verändern. In welche Richtung könnte das Christentum bei uns in Europa gedacht werden? Wie könnte man es vielleicht leben? Er stellt es nicht als Kontrastentwurf zu dem auf, was bisher war – es war ja vieles gut, was bisher war. Aber die Welt verändert sich, es gibt neue Herausforderungen. Deswegen geht es ihm darum, die Bereitschaft und die Fähigkeit dazu zu haben, sich den Herausforderungen der säkularen Welt zu stellen, diese anzuerkennen und konstruktiv für eine Reform des europäischen Christentums zu nutzen. Darum geht es – ein hoher Anspruch. Dem ist auch nicht jeder gewachsen! Aber: Man darf es nicht aus dem Blick nehmen.

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Teil 3:

„Nach diesem zweiten Gedankengang vom geistlichen Leben, vom Glauben, von Christus, von der Dreifaltigkeit her: Das klingt für Sie alles sehr abstrakt-theologisch, aber dahinter stecken beim Peter mindestens 25 Jahre Theologie. Dass man aus dem heraus lebt und die Welt – unser Leben – gestaltet, das ist etwas ganz ganz Großes und Wertvolles! Ich stehe hier, weil ich dankbar bin: für Gespräche und für viele Aktivitäten, die uns verbinden, für das Eintauchen – immer wieder – in die Theologie. Peter Schneider ist ein wandelndes Lexikon, weiß die neuesten Erscheinungen und hat sie auch gelesen. Er ist – wie ich es aus dem Umfeld seiner Mitstudenten immer wieder gehört habe – hilfsbereit, wie du ihnen geholfen, sie weitergeführt, betreut, die Zeit genommen hast. Ich konnte mir das gut vorstellen, weil auch ich aus unseren Gesprächen immer reich beschenkt hervorgegangen bin. Die Theologie hilft uns beim allem, soll bodenständig sein, ist auch in der Seelsorge etwas ganz Wertvolles. In vielerlei Hinsicht hast du deine Erfahrungen gemacht, jetzt auch wieder unter fachkundiger Anleitung durch Christoph Hänsler. Nach deiner Diakonweihe und auch jetzt wieder am Sonntag [bei der Priesterweihe in Augsburg], da bin ich am Eingang vom Dom gestanden, mich angesprochen („Sie sind aus Ottobeuren – unser Peter“), da hat man schon gemerkt, dass sich die Menschen in den Pfarreien St. Anton und auch in St. Ulrich und Afra von dir haben ansprechen lassen – etwas Schönes und Erfreuliches. Also wenn die Pfarrer gestern in Blaubeuren im Zusammenhang mit der Primizpredigt skeptisch waren: Ich wollte meiner Freude Ausdruck verleihen und meine Dankbarkeit. Jeder weiß eine Geschichte, eine Begegnung mit Peter zu erzählen. Ich will nun mit meinem dritten Punkt schließen – hab’ keine Uhr – und nochmal auf deinen Namen eingehen, den des Heiligen Petrus. Bei jeder Feierstunde – wenn man das Priestersein in den Blick nimmt – gehören viele Facetten dazu. Und den möchte ich am heutigen Tag nicht verschweigen.

Wenn wir in den Petersdom gehen, dort, wo dein Namenspatron begraben liegt, dann sehen wir den berühmten Balkon, der vor wenigen Wochen bei der Wahl von Papst Leo XIV. auch wieder überall gezeigt wurde, ohne dass man ihn groß wahrnimmt. Da gibt es ein Marmor-Relief, darauf sieht man, wie Jesus dem Petrus die Schlüssel überreicht und sagt: ‚Weide meine Lämmer‘. Er überreicht ihm die Schlüssel, eine große, große Aufgabe. Und wenn man schon Peter heißt: Dir sind die Sakramente anvertraut; das ist ein großer Dienst. Wir wissen aber, dass das Christentum nicht nur aus Glanz und Gloria besteht.
Es gibt auch eine andere Seite, die wenige beachten: Bevor der Papst auf den Balkon hinaustritt, zur Menge, die auf ihn wartet, sieht er im Inneren noch so ein Marmor-Relief: Es zeigt die Verleugnung des Petrus. Dreimal hat er den Herrn verleugnet. Es soll den Papst mahnen, nicht hochmütig zu werden. Dir sind zwar die Schlüssel anvertraut, aber Petrus hat den Herrn dreimal verraten. Das heißt: Auch wir sind manchmal nicht mutig genug. Die letzten 15, 20 Jahre wurde so vieles bekannt, wodurch Priester sich schwer verfehlt haben, wir uns als Kirche schweres auf uns geladen haben, da Menschen – statt sie zur Freiheit der Kinder Gottes zu führen, niedergedrückt wurden und sie oft ein Leben lang darunter leiden. Es ist beides, das will ich am Ende meiner Primizpredigt auch nicht verschweigen. Es gibt den Petrus, dem die Schlüssel anvertraut wurden, es gibt aber auch den Petrus, der den Herrn dreimal verleugnet hat. Und irgendwo dazwischen stehen wir alle. Jeder kennt einen Priester, weiß, vor welchen Schwierigkeiten wir oft stehen. Das will ich jetzt nicht weiter ausführen. Aber Schwierigkeiten im Umgang miteinander, menschliche Defizite. Darum verstehe ich den Glauben mehr als Einüben der Lernkompetenz, das eigene Menschsein. Weil: Was schenke ich denn der Gemeinde? Ja mich, meinen Glauben, meine Überzeugung. Wir wissen, dass da nicht jeder gleichermaßen gewappnet ist. Gerade wenn wir ans älter werden denken, an Mitbrüder, die sich wegen Schwierigkeiten in die Sucht flüchten, im Alter – und nicht nur da – vereinsamen. Ähnlich der Gesellschaft: Ein Drittel der Gesellschaft vereinsamt, Menschen sterben an Vereinsamung. Ich habe Priester kennengelernt, die vereinsamen, die vor allem im Alter vereinsamt sind. Ich möchte das am Bild deines Namenspatrons – des Hl. Petrus – in Erinnerung rufen, weil er verschiedene Facetten abdeckt, die für uns sehr gut sind, um davon zu lernen – für das geistliche und das ewige Leben.

Ich komme zum Schluss – aufatmen – ich komme zum Schluss!
Was bleibt? [...] Der Glaube vergeht, weil wir schauen Gott, die Hoffnung vergeht, weil wir haben die Glückseligkeit erreicht, das Ziel ist die Liebe, Gott ist die Liebe, Gott liebt diese Welt, Gott liebt uns, Gott liebt mich – das zentrale Geheimnis unseres Glaubens. Und für Peter? Das ist nun fundamental für sein priesterliches Wirken, dass er durch sein Leben Zeuge der Liebe Gottes, für uns Menschen da ist. Und so bleibt mir am Schluss, dir Gottes reichen Segen zu wünschen, für dich persönlich, für das Heranreifen deiner – nach Matthias Sellmann – Lebenskompetenz, dass du unter dem Segen Gottes stehst, dass Menschen, die dir begegnen, durch dich den Segen Gottes erfahren. Dass wir alle nie müde werden in dem Vertrauen, wie es im Primizspruch umschrieben ist:
‚Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat‘. Amen.“
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Pater Winfried Schwab (zum Schluss)

„Lieber Peter, du bist jetzt der jüngste Priester, der aus unserem Dekanat und unserer Pfarreingemeinschaft stammt. An dir liegt es jetzt, nicht der letzte zu bleiben, sondern dafür zu sorgen, dass es wieder Nachwuchs geben wird. Ich glaube, du kannst dich gerne an den F… [?] wenden, damit wir dir vielleicht den einen oder anderen Tipp geben können.

Nicht wie eine Schnecke langsam und bedachtsam, aber doch zurückbleibend, sondern – positiv gesehen – wie ein Löwe nach vorne gehen, brüllen und den Glauben Christi hinaustragen in die Welt. Das ist jetzt dein Auftrag, und dann freuen wir uns mit dir, wollen dir auch unsere ganze Unterstützung anbieten.

Ihr Eichhörnchen, das sind ja auch gesellige kleine Tierchen: Viele, viele Eichhörnchen haben mitgewirkt, um diesen Gottesdienst so wunderbar gestalten zu können. Und allen möchte ich ganz herzlich dafür danken. Ganz besonders auch der Kirchenmusik [unter Christoph Hauser], der Blasmusik, unserem Chor und den Bläsern, der Orgel. Der Heilige Augustinus sagt ja: ‚Gesungen ist doppelt gebetet‘. So viel Freude, die ihr uns allen gemacht habt, die kann ja nicht unverhallt nach oben gehen, das muss ja funktionieren. Ich mache mir also keine Sorgen um die Zukunft.

Ein Dankeschön auch den Fahnenabordnungen. Das ist doch ein schönes Zeichen dafür, dass ihr am Leben aller gemeinsam teilnehmt, als Teil einer großen Gemeinschaft. Viele helfende Hände hat es gegeben; ich denke hier an unsere Mitglieder im Pfarrgemeinderat, aber auch die vielen anderen freiwilligen Helfer. Ich möchte es mir nicht vorstellen, wenn ihr nicht da wärt – was wäre das für ein armseliges Bild. Ihr alle habt dazu beigetragen, dass wir einen solchen festlichen Gottesdienst unserem lieben Peter Schneider schenken konnten, dass es auch noch weitergeht im Anschluss an diesen Gottesdienst.
Ein ganz besonderer Dank auch den Ministranten. Ihr wisst das, und ich sag es immer und immer wieder gerne: Wir sind stolz auf euch! Wir sind stolz, euch zu haben, dass ihr immer da seid, wenn man euch braucht. Macht bitte weiter so. Und das sage ich wohl im Namen aller Mitbrüder, die jetzt auch hier sind und sich mit uns allen zusammen freuen. Ein Danke allen, die mitgewirkt haben an diesem Gottesdienst!“
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Abschließende Dankesworte Peter Schneider am Ende des Primizgottesdienstes

„Diesen Dankesworten kann ich mich nur von ganzem Herzen anschließen. Möchte mich auch ganz herzlich bedanken bei Pater Winfried und bei allen meinen Mitbrüdern im priesterlichen und diakonalen Dienst, die mich hier begleitet haben, meine erste heilige Messe mit ihnen gemeinsam zu feiern. Sie sehen mich hier mit staunendem, offenem Mund und offenem Herzen für das, was ich gerade hier erleben durfte und dafür möchte ich Ihnen allen, Ihnen allen, liebe Mitfeiernde aus Nah und Fern von Herzen meinen Dank aussprechen.

Bitten wir jetzt Gott um seinen Segen, den ich Ihnen jetzt feierlich spenden darf. Den Einzelprimizsegen können Sie dann heute Nachmittag im Anschluss an die Dankvesper empfangen.“

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Transkriptionen und Fotos: Helmut Scharpf, 12/2025
Weitere Fotos folgen!

Urheber

diverse

Quelle

Primizgottesdienst, Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

2025-07-06

Rechte

gemeinfrei